ESG – Roadmap für Nachhaltigkeit bei Anlageliegenschaften
Ramona Lindenmann
CEO und Mitinhaberin
Auf dem Radar haben wir von smeyers ESG schon heute. Im täglichen Handel mit Anlageliegenschaften stehen die Standards für Nachhaltigkeit, soziale Verantwortung und gute Geschäftsführung aber noch kaum im Zentrum. Doch das Bewusstsein dafür entwickelt sich allmählich.
ESG steht für Environmental-, Social- und Governance-Standards, welche in einigen Jahren als Paket zur gesetzlichen Norm werden sollen. Das unter anderem mit dem Ziel, bis ins Jahr 2050 Klimaneutralität beim Bau und Betrieb von Liegenschaften zu erreichen – eine gewaltige Herausforderung für die gesamte Bau- und Immobilienbranche.
Etappierung
Wenn der Zeithorizont auch angemessen scheint, so erfordert der übliche Sanierungszyklus von Immobilien bereits heute klare Entscheide, insbesondere mit Blick auf die CO2-Neutralität bei Heizung, Klimatisierung und Elektrotechnik. Die entsprechenden Emissionen sollen über längere Zeit schrittweise abgesenkt werden. Der sogenannte Absenkungspfad betrifft das gesamte Portfolio eines Investors oder Eigentümers. Je effektiver ein Portfolio diesen Pfad verfolgt, desto nachhaltiger wird es sein.
Das Greenhouse Gas-Protokoll (GHG) gibt einen allgemeingültigen Rahmen für die Berechnung von Treibhausgasen vor. Der sogenannte Corporate Carbon Footprint (CCF) beinhaltet sämtliche Treibhausgase, welche entweder direkt oder indirekt durch ein Unternehmen verursacht werden.
Im GHG-Protokoll werden die Treibhausgase in die Scopes 1, 2 und 3 eingeteilt.
- Scope 1 mit Schwerpunkt auf die Emissionen, die durch die Liegenschaft selbst verursacht werden, z.B. Primärenergie wie Heizöl, Erdgas, Kältemittelgase
- Scope 2 mit Schwerpunkt auf die vorgelagerten Emissionen, die zur Liegenschaft geführt werden, z.B. Fernwärme, Allgemeinstrom für Heizung, Kühlung und Belüftung
- Scope 3 mit Schwerpunkt auf die verschiedenen vor- und nachgelagerten Emissionen, z.B. grauer Energie beim Bauen und Sanieren, bei Mieterstrom, Lieferketten oder Pendlerverkehr der Mieter. Die Erfassung dieser Emissionen wird besonders komplex und anspruchsvoll sein
Relevanz
Aufmerksamkeit bezüglich ESG ist auf Seite der Investoren durchaus feststellbar. Wir erwarten, dass die Einhaltung der ESG-Normen sich im Handel zum handfesten Argument entwickeln und damit preistreibend wirken wird. Die Nachfrage nach ESG-konformen Liegenschaften wird wohl grösser sein als das Angebot.
In der Praxis ist bei Investoren eine gewisse Zurückhaltung zu spüren, wenn eine nicht sanierte Anlageliegenschaft den Absenkungspfad gefährdet, wenn also eine Liegenschaft im Portfolio überdurchschnittlich viel CO2 emittiert. Die dann erforderlichen Investitionen können erheblich sein und zu Renditeeinbussen führen.
Börsenkotierte Gesellschaften berichten in ihren Publikationen für Anleger (Stichwort Investor Relations) schon heute über die Einhaltung von Standards und Massnahmen auf dem Weg zu den ESG- Zielen. Allein, die Vergleichbarkeit ist noch nicht gewährleistet, da eine allgemein verbindliche Norm aussteht.
Widersprüche
Hohe Energiestandards, angemessene Bauqualität und/oder die Beseitigung von Altlasten korrelieren nicht mit Mieten, die als besonders sozial gelten – es sei denn, dass (Quer-)Subventionierungen in offener oder versteckter Weise geleistet werden. Ebenso erfordern die Anlageziele von Institutionen, beispielsweise der Altersvorsorge, ein gewisses Mass an Rendite, was tiefen Mietzinsen ebenfalls entgegenstehen kann.
Ausblick
Es wird nun darum gehen, die schweizerischen ESG-Normen vergleichbar mit jenen der EU und praktikabel umsetzbar auszugestalten. Bei der Erarbeitung wirkt unsere Branche gerne mit, in welcher Form und welchem Forum auch immer. Wir haben den Praxisbezug und können konstruktiv Inputs geben, stets mit dem Ziel, ein einfach anwendbares Regelwerk zu schaffen und eine Roadmap zu entwickeln, die uns auf dem Weg zur CO2-Neutralität und zum sozial angemessenen, governance-gerechten Handeln voranbringt. Eine besondere Bedeutung kann dabei auch Entwicklungen im Bereich von BIM zukommen. Der digitale Zwilling mit präziser Angabe der Flächen, Energiewerte und grauen Energie, die in einem Gebäude steckt, wäre sehr hilfreich. Allerdings genügen Datenfluss und Datentransformation vom Planen und Bauen über die Bewirtschaftung bis zum Handel noch nicht.
smeyers immobilien
Als Immobilienunternehmen befassen wir uns in der Weiterbildung und im Team regelmässig mit dem Thema ESG. Eigentümerinnen und Eigentümer beraten wir gerne bei der Strategieentwicklung für ihre Immobilien und Portfolios.